Mr. Smith geht nach Washington

GLR | 3.5.2021

USA 1939, Regie: Frank Capra

Naiv, kitschig, simpel, unrealistisch — diese Art von Bezeichnungen finden sich im Kontext der Reaktionen auf diesen Film. "Naiv" der Hauptdarsteller, "vereinfacht" die Darstellung der US-Demokratie (Gepflogenheiten im US-Senat vor Beginn des 2. Weltkriegs), hinzu kommt dann noch eine "kitschige" Liebesgeschichte.

Ich erspare mir und dem Leser auch diesmal wieder die "Filmkritik". Den Film kann ich nur jedem Interessenten wärmstens empfehlen, weil er auf eine sehr eindringliche, wechselweise humorvolle, sarkastische und entlarvende Weise mit nichts anderem als der Wahrheit — hier der Wahrheit nicht nur über die US-Politik, sondern über Politik ganz allgemein, über Demokratie und über Intrigen hinter den Kulissen des politischen Betriebs — konfrontiert wird.

Weiter nachgeforscht: finden wir hier auch die grundlegende Frage gestellt, wie sich der Einzelne in Relation zu einem oberflächlich verlogenen, im Kern völlig wert- und sinnlosen Gesellschaftstreiben zurechtfinden wird. Hat Kämpfen um Werte einen Sinn, wenn allgemein kein Interesse daran besteht; oder besteht vielleicht doch Interesse, aber nicht da, wo man es erhoffen und erwarten würde?

Alles, was der Film zeigt, verweist auf den Zuschauer. Ich bezweifle zwar, daß die meisten das merken — und die oben erwähnten Reaktionen bestätigen diesen Verdacht —, aber wer sich auf das Gezeigte tiefer einläßt, wird sich im Spiegel reflektiert wiederfinden und den Stellenwert, den er selbst Wahrheit, Natürlichkeit und sogenannter "Naivität" in seinem eigenen Leben beimißt, auf einer ziemlich exakten Skala angezeigt sehen.

Übrigens hat sich das meiste mit der Geschichte von "Mr. Trump geht nach Washington" wiederholt — diesmal aber leider ohne Happy-end und auf Kosten der einfachen US-Amerikaner. Die Parallelen sind so augenfällig, daß nur der von den heutigen Medien desinformierte Zeitgenosse das nicht sofort wird erkennen können.

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